Vor kurzem hatte ich die wundervolle Chance, eine Fuchsfamilie beim Aufwachsen zu beobachten. Oft ergibt sich so etwas ja ganz spontan und unerwartet, so auch in diesem Fall. Ein Freund, nennen wir ihn „IM Reinecke“ berichtete über “füchsische” Aktivitäten in der Nähe seines Hauses. Nunja, auch bei uns hinterm Haus sehe und höre ich regelmäßig Füchse, und ich bin mir sicher, dass sie einen Bau in der Nähe haben. Aber es ist mir noch nicht gelungen sie angemessen (=störungsfrei) zu finden oder gar zu beobachten. Doch hier erlaubte die Situation eine Beobachtung, die vermutlich recht nah am Bau ist, aber dennoch keinerlei Störung bedeutet. Dies ergibt sich aus folgender Konstellation: Die beobachtete Fläche und Beobachtungsposition ist in einem bewohnten Bereich, und die Füchse entscheiden selbst über Annäherung. Der Fuchsbau befindet sich vermutlich direkt daneben irgendwo in einem Gestrüpp. Somit kann man aus dem bewohnten Bereich heraus beobachten ohne zusätzliche Störwirkung, denn sie sind den Trubel dort offensichtlich gewöhnt. Die Füchse behalten also ihre „Privatsphäre“ und wählen stets selbst, ob, wann und wie sie in Erscheinung treten. Durch fotografische Aktivitäten würde es sogar eher ruhiger werden, um die Sichtungschance zu erhöhen. Und falls sie sich dennoch gestört fühlen sollten (was übrigens nicht passiert ist), wären sie innerhalb von Sekunden im geschützten Bau. Wir hatten ein Projekt!
„IM Reinecke” und Familie leisteten hervorragende Vorarbeit, nicht nur beim improvisierten Bau eines kleinen Sichtschutzes, sondern auch beim Auskundschaften und Catering! Schon bald erhielt ich tägliche Statusberichte über die füchsischen Aktivitäten, die teilweise sogar aus dem Haus heraus beobachtet werden konnten. Über mehrere Wochen verteilt saß ich also immer wieder geduldig dort und wartete auf „Action“. Mit steigender Anzahl an Sichtungen stieg selbstverständlich auch der Anspruch an die Fotos, so daß diese bald schon hohen Standards genügten.
Ich verfügte bisher über genau das gesunde Allgemeinwissen, welches so ziemlich jeder haben dürfte, und merkte schon bald, dass dieses Projekt einiges zu meinem besseren Verständnis der Lebensherausforderungen für eine Fuchsfamilie beiträgt, und vor allem mit ein paar Allgemeinplätzen aufräumt. So konnte ich unter anderem mehrfach beobachten, dass obwohl sich die Füchse offensichtlich mit der Nähe zur Zivilisation arrangieren, dies dennoch einen gewissen Stress bedeutet. Während weiter entfernt bellende Hunde kaum eine Reaktion auslösten reagierten sie oft auf Hunde in direktem Umfeld, und auch die Hunde scheinen mehrfach die Füchse wahrgenommen und mindestens einmal auch verfolgt zu haben. Auch im Interesse der Hunde selbst müssen diese an solchen Stellen und zu Brutzeiten ausnahmslos an der Leine geführt werden. Auch zum eigenen Schutz, denn ein Hund, der Fuchseltern konfrontiert wird wohl kaum freundlich empfangen.
Eine andere Herausforderung besteht offensichtlich auch hier in der Nahrungsbeschaffung. Die Fähe kümmert sich sehr aufopferungsvoll um den Nachwuchs, und solange sie von ihr gesäugt werden sind die Welpen abhängig von ihr. Kommt sie um, zum Beispiel wie so oft im Straßenverkehr, dann sterben auch die Kleinen. Der Vater kann und wird dies erst auffangen, sobald die Kids schon selbst fressen. Gerade in dieser Zeit fallen mir jedes Jahr vermehrt Füchse auf, die ich z.B. auf dem Arbeitsweg, im Umfeld unseres Hauses, oder auch dieses Jahr schon mehrfach wieder im Ort gesehen habe. Es scheint so, als ob die Aufzucht sehr viel Energie erfordert, der die Eltern zu jeder Zeit hinaustreibt zur Nahrungssuche. Entsprechend gezeichnet erscheint mir die Fähe auf den seltenen Fotos, wo sie zu sehen war.
Ab und zu kamen die Jungen zum Spielen auf die Wiese. Meist ging die Aktion vom Kleinsten aus. Insgesamt konnten wir vier Stück zählen. Die Erwachsenen passten manchmal dabei (meist verborgen in der Nähe) auf, waren zunehmend selten und oft auch gar nicht zu sehen. Überhaupt war der Kleinste auch der Mutigste und Neugierigste im Wurf. Er tollte meist recht unbedarft über die Wiese, stöberte am ausgiebigsten herum, und kam mehrfach recht nah zu mir. In der ersten Version dieses Beitrags schrieb ich hier noch, dass er nie hinter den Schutz kam. Doch das stimmt seit kurzem nicht mehr, wie diese sehr spontanen Handyfotos aus 1m Entfernung belegen. Er nährte sich respektvoll aber nicht ängstlich, kam mehrfach und rannte selbst als er mich sah nicht weg.
Zu seinen eigenen Schutz gab ich ihm keinen weiteren Grund Vertrauen zu fassen, auch wenn die Versuchung groß ist, sondern verhielt mich komplett ruhig und passiv. Nachdem er entschied, dass man mich nicht essen kann trottete er uninteressiert weiter herum. Unser “Mini” war ganz klar der Fotostar dieser Fuchsfamilie, wie man auch auf den folgenden Fotos sehen kann.
Alle Details, die ich erfahren und gelernt habe kann ich hier kaum wiedergeben ohne ein Buch zu schreiben, daher möchte ich Euch die Seite http://fuechse.info empfehlen, wo es zahlreiche weitere Informationen gibt.
Wenn man freilebende Tiere vernünftig fotografieren möchte kommt man grundsätzlich nicht umhin, dies zu planen und vorzubereiten. Dies ist umso schwieriger und wichtiger, je scheuer und seltener die Tiere sind. Hierbei gilt es einiges zu beachten. An unserem Standort konnten wir, wie bereits erklärt, sicherstellen, daß wir keine Störungen verursachen. Sobald dies gegeben ist möchte man natürlich eine optimale Fotosituation herstellen. Der Fuchs sollte sich hierzu idealerweise in perfektem Licht und passender Entfernung für die verwendete Brennweite befinden.
Sehr hilfreich ist es auch die Verhaltensweisen der Tiere besser zu verstehen. Ich unterteile hier in Mikro- und Makroverhalten. Unter Makroverhalten verstehe ich die Kenntnis über z.B. grundsätzliche Bewegungsmuster, Aktivitätszeiten, usw. Dieses erhält man am ehesten aus Büchern und Berichten. Unter Mikroverhalten verstehe ich eher all die kleinen Dinge, die man wahrnehmen muss, um das perfekte Foto zu schießen. Dazu gehört zum Beispiel vorauszuahnen, wann ein ständig auf dem Boden schnüffelnder Fuchs mal den Kopf heben könnte, oder auch die spezifischen Verhaltensmuster, Aussehen usw. von einzelnen Exemplaren, die auch der Unterscheidung dienen könnten. Dies erhält man am ehesten aus Beobachtung/Erfahrung.
Wir wussten zum Beispiel, dass die Füchse gerne abends zum Spielen auf die Wiese kommen, und dass sich im hinteren Bereich anscheinend ein oft genutzter Weg zum Bau befindet. Auf der Wiese sah man sie immer wieder auf Nahrungssuche herumstreifen. Es war also nur eine Frage der Tarnung und Geduld bis zum Foto.
Tarntechnisch war es einerseits wichtig, dass die Füchse sich an den improvisierten Sichtschutz gewöhnen konnten. Dies geschah schneller als erwartet, haben sie doch bereits am ersten Abend nach dem Aufbau noch das Umfeld sowohl davor wie auch dahinter erkundet, wie wir aus der Ferne beobachten konnten. Außerdem bemühte ich mich möglichst bei mir entgegenwehendem Wind “anzusitzen”.
Fototechnisch galt es einiges zu beachten. Details meiner Kameraeinstellungen werde ich wohl mal eingehender in einem separaten Post verarbeiten, hier daher nur soviel: Ich fotografiere in solchen Situationen fast immer im Av Modus (Blendenwahl). Die ISO Automatik in Verbindung mit einer Mindestbelichtungszeit hilft mir diese bei üblicherweise offener Blende entsprechend unter einem vorgegebenen Minimum zu halten (nicht jede Kamera hat diese Funktion). Da hier ein naher Abstand erzielt werden konnte fiel die Wahl natürlich auf KB-Vollformat, womit eine bessere Rauschreduktion, Kontrast, Schärfe und Freistellung erzielt werden können. Um den Fokus optimal auf das Auge richten zu können arbeite ich in solchen Situationen meist nur mit einem einzigen Fokuspunkt. Außerdem nutze ich überwiegend eine Einstellung, die sich “Back Button Focus” nennt und Fokussierung und Belichtungsmessung voneinander trennt.
Zuerst fotografierte ich wie meist sonst auch erst mal mit Telekonverter. Als ich erste Fotos im Kasten hatte und mir den Luxus erlauben konnte auf perfekte Situationen zu warten nahm ich ihn ab. Sobald das Licht abnimmt natürlich auch. Fast alle Fotos hier sind mit einem 500mm f/4 entstanden.
Das Licht spielt dabei natürlich eine sehr große Rolle, hier stand die Sonne Abends etwas seitlich links, so daß ich eine schöne Ausleuchtung auch im Fell und Gesicht erzielen konnte. Man möchte kein direktes, hartes Sonnenlicht sondern eher ein weiches Abendlicht, möglichst ganz leicht z.B. von ganz leichten Wolken gestreut und mit warm-hellen Lichtakzenten im Bild. Dass die Füchse sich vor allem Abends zeigten war optimal. Um eine schöne Freistellung zu erreichen war es außerdem wichtig etwas Abstand zum Hintergrund zu erhalten. Die Lichtstimmung war am Besten, wenn die Sonne die dahinter stehenden Bäume in Unschärfe ausleuchtete, doch dies war nicht immer möglich, so dass der Fuchs auf manchen Fotos vor einer für mein Gefühl etwas zu dunklen Fläche freigestellt ist. Doch auch hier können sich interessante Lichtstimmungen und Fotos mit einem anderen Charakter ergeben. Eine bodennahe Position mit ungemähtem Rasen ergibt dann noch eine schöne, verträumte Unschärfe im Vordergrund, auch wenn es auf Dauer doch ordentlich auf den Bewegungsapparat geht, aber für schöne Fotos muß man eben manchmal etwas leiden.
Ich konnte einmal mehr erleben, wie wunderbar es ist wildlebende Tiere zu beobachten und dabei etwas über ihr Leben und ihre Herausforderungen zu erfahren. Umso unverständlicher und problematischer erscheint mir der Einfluss, den wir auf Füchse ausüben. Sie stellen keinerlei Gefahr für uns dar. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Jäger-Beute Beziehungen sich selbst regeln. Sie tragen einen wichtigen Teil zur Stabilität des Ökosystems bei. Und dennoch werden jedes Jahr weit über eine halbe Million Füchse allein in Deutschland erschossen, und es gibt nicht einmal eine Schonzeit! Selbst die säugende Fähe darf geschossen werden, wenn vorher die Jungtiere getötet werden. Doch die Argumente der Jagdbefürworter laufen auch praktisch nachweisbar ins Leere: So hat unser Nachbarland Luxemburg das dort seit ein paar Jahren gültige, absolute Jagdverbot nun nach sehr positiven Ergebnissen in den unterschiedlichsten Bereichen erneut verlängert. Es gab u.a. weder eine Zunahme des Fuchsbandwurms noch trat der befürchtete und oft beschworene Reduktionseffekt auf Beutepopulationen ein. Leider wissen „unsere“ Füchse nichts von Ländergrenzen und Regulierungen, sonst wären sie wohl schon längst ausgewandert.
Meine Beobachtung ist mittlerweile beendet. Weitere Fotos werden in meinem Foto-Feed auf Facebook sporadisch auftauchen. Und mit etwas Glück kann ich dieses Projekt nächstes Jahr noch einmal wiederholen.
Ich hoffe von ganzem Herzen, dass uns „unsere“ Fuchsfamilie noch lange erhalten bleiben wird und auch die Nachwuchsgenerationen die Herausforderungen meistern werden.