Fotos wie diese sind das Ergebnis filigraner Vorbereitung und es muss einiges passen, das solche Fotos zustande kommen. Und damit meine ich nicht nur das Wetter 🙂 Die Blutmond-Serie erhielt sehr viel Resonanz im Netz und diverse Printmedien, und es erreichte mich sehr viel positives Feedback, zahlreiche Fragen und sehr selten auch die Kritik, dass so etwas nur mit Photoshop möglich sei. Hier möchte ich einen kleinen Einblick “hinter die Kulissen” geben, wie man so etwas angeht. Nicht wegen der Kritiker, sondern für die Interessierten zum Mit- und Nachmachen. Viel Spaß, und vor allem Geduld beim Lesen, ich hoffe es lohnt sich für Euch …
*** sorry to all international readers, there is no English version available at the moment … I will try and post a short English translation of this text at a later time ***
Alle Fotos kann man von mir als Druck beziehen gegen eine Aufwandentschädigung. Ich drucke hochwertig mit originaler Canon-Chroma-Tinte auf gutem Fotopapier oder FineArt Papier von A4 bis A2 (Preise ca. 20-50 Euro je nach Größe, Papier …). Am Ende dieses Artikels stelle ich die Fotos zusätzlich unter der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 zur Verfügung (freie, nichtkommerzielle Nutzung und Weitergabe unter den gleichen Lizenzbedingungen bei adäquater Namensnennung, gerne auch mit Link). Für kommerzielle Nutzung bitte direkt bei mir anfragen.
Fangen wir mit dem einfachen Teil an: Dieser Mond im Perigäum ist 14% größer, und die niedrige Position über dem Horizont ermöglicht Fotos mit Vordergrundobjekten. Außerdem wird es die letzte lokal sichtbare, totale Mondfinsternis auf viele Jahre sein. Viele Gründe, um diese Finsternis auf besondere Art zu fotografieren.
Also begannen mein Mitstreiter Marc (der übrigens auch eine sehr schöne Fotoseite betreibt) und ich mit der Planung. Totalität von 5:41 bis 6:43 Lokalzeit. Der Mond bewegt sich hierbei von 274° Azimuth bei 22° Elevation bis 285° Azimuth und 13° Elevation. Einfach gesagt: Ein solches Objekt sollte auf einem Hügel im Westen stehen, um nahe genug beim Mond zu sein für ein Gruppenfoto.
Allerdings muß dieses Objekt zahlreiche, weitere Bedingungen erfüllen. Es muß auch interessant und erreichbar sein von einem Ort, an dem man sich leicht bewegen kann um die Position präzise einzunehmen. Und es muß die richtige Größe und Distanz haben sowie ein passendes Beleuchtungsniveau für die Komposition mit einem komplett verfinsterten Mond.
“Interessant” war die Mariensäule dabei von Anfang an. Nicht nur aufgrund ihrer Größe und Position, sondern auch aufgrund des Bezugs zum Thema Blutmond durch die u.a. von Dan Brown und in der Region auch in der Szene recht bekannten Geheimbund-Geocaches verarbeiteten Gerüchte zur Blutlinie Jesu. Ein wunderbarer, verborgener Kontext, der sich nicht jedem direkt erschließen wird, aber spätestens jetzt nach diesem Text wird so manchem ein weiteres Licht aufgehen, nicht wahr?! Und danach würde auch Trier eine echte “Bloody Mary” haben, um auch dieses Wortspiel nicht auszulassen …
Mond “groß machen”, kurz und knapp erklärt:
(1) Die “tatsächliche, visuell erzielbare” Mondgröße auf dem Bild ergibt sich aus der Brennweite (möglichst lang), der verwendeten Auflösung (möglichst hoch), der Sensorgröße (möglichst klein), sowie der visuellen Größe des Mondes am Himmel (möglichst erdnah).
(2) Die “relative” Mondgröße ergibt sich aus dem Verhältnis von Vordergrundobjekt und Hintergrundobjekt. Hierüber läßt sich ein zusätzlicher Effekt der Größenwirkung erzielen.
Zusätzlich beachte man alle Randbedingungen, um Unschärfen (Mondbewegung, Hyperfokaldistanz, Stativ) und Bildrauschen (ISO, Pixelgröße) zu vermeiden, wie hier im Detail erklärt. Diese setzen je nach verwendeter Ausrüstung klare Grenzen in Belichtungszeiten und Objektabständen.
Marc machte sich dabei im Vorfeld als Guide nützlich, indem er nachdem die Vorentscheidung für die Säule gefallen war erst mal die möglichen Standorte und Bewegungsmöglichkeiten vor Ort auskundschaftete und analysierte, von wo aus man diese überhaupt gut sehen kann.
Doch wir mussten weitere Parameter berechnen, um eine Entscheidung zu fällen. Der Mond ist 0.5° groß mit einer Helligkeit von -2mag und daher knapp am Autofokuslimit. Die Größe eines Objektes auf dem Sensor hängt vor allem ab von der Brennweite, also mag man denken, dass man möglichst hohe Brennweiten nutzen sollte: Selbst ein 500mm an Vollformat würde noch ein 4° Feld bieten (also etwa 8 Monddurchmesser). Aber lange Brennweiten haben Nachteile: Sie reagieren empfindlicher auf Vibrationen und benötigen daher ein stabiles Stativ für kurze Belichtungszeiten. Die Einstiegsblende ist höher, was längere Belichtungszeiten erfordert. Und auch die Eigenbewegung wird vergrößert und darf nicht unterschätzt werden: Mit einem 500mm Objektiv sollte 1s nicht überschritten werden, sonst führt die relative Mondbewegung zu Bewegungsunschärfe, besser/sicherer wäre die Hälfte. Ich werde also eine gute Blende/ISO Kombination finden müssen, um gut unter eine Sekunde zu kommen. Mit hohen ISO-Werten ließe sich die Belichtungszeit auf Kosten von Bildrauschen verkürzen. Machbar, aber nur in Grenzen, und an meiner 50MP-Kamera, die ich für hochauflösende Landschaftsaufnahmen gerne nutze, sollten aufgrund der kleinen, rauschanfälligeren Pixel etwa 800 ISO nicht überschritten werden.
Nächstes Problem: Beide Objekte sollten zumindest auf manchen Fotos scharf sein. Der Bereich der Schärfentiefe muss also sowohl Mond wie auch das Objekt umfassen. Aber ein Tele hat einen weit entfernten Hyperfokalpunkt, speziell bei offenen Blendenwerten, welche man für kurze Belichtungen braucht. Lange Brennweiten schränken also die Objektwahl ein: Bei f/4 müßte ein 500mm auf ~2km fokussiert werden, um ein ~1km entferntes Objekt noch scharf abzubilden. Solch ein Objekt muß entsprechend groß sein, da die Objektgröße in die Komposition passen muß. Aus diesem Grund sind weitere Objekte bald aus unserer Vorplanung gefallen, die sonst eigentlich geeignet gewesen wären, aber es ergaben sich einfach keine guten Abstände/Größenverhältnisse.
Wir führten also weitere Berechnungen mit diesen Parametern durch, kombiniert mit lokalem Wissen, um eine Entscheidung zu treffen. Meine Hoffnung bestätigte sich: Die Mariensäule in Trier würde in einer günstigen Position stehen und wäre entsprechend groß, wenn man sie von der Mosel aus fotografiert. Allerdings würden bereits wenige Dutzend Meter Versatz bei der Ortswahl den Mond aus dem Bild bringen, also brauchte es einen detaillierten Plan, der auf der westlichen, näheren Moselseite mit kürzeren Brennweiten begann und auf der anderen Seite mit der längsten Brennweite endete. Der enge Bereich, in dem der Mond nah genug bei der Säule stünde bewegte sich über die Mosel. Wir nutzten Apps wie PlanIt und TPE sowie verschiedene Onlinerechner um Azimuth und Elevation sowie die relativen Sensorgrößen der Objekte abzugleichen. Die Statue war 785m weg und bei f/5.6 wäre die passende Hyperfokaldistanz bei etwa 1.5km, um beides scharf zu erhalten. Das wäre grenzwertig: Eine manuelle Fokussierung wäre fehlerbehaftet, da es keine passenden Fokusobjekte gäbe. Sicher wäre erst f/11, wo der Unendlichkeitsfokus auch die Statue im Schärfentiefefeld beinhaltet. Also entschied ich mich mit verschiedenen Blenden und ISO-Kombinationen zwischen f/4 und f/11 vor Ort manuell auszuprobieren. Am Ende sind die veröffentlichten Fotos alle mit Blenden zwischen f/5.6 – f/8, Belichtungszeiten um etwa eine halbe Sekunde und bei ISO-Werten um 800 entstanden, und die Rechnung ging wie man sehen kann gut auf. Bei den Fotos anderer Blendenstufen waren wie erwartet zu viele (wenn auch teilweise nur sehr kleine) Unschärfen vorhanden. Hier ist mir der Hinweis wichtig, die Reihen sicherheitshalber einfach stur durchzufotografieren, denn auf dem Display vor Ort lassen sich solche Minimalunschärfen meist nicht erkennen. So habe ich von jeder Situation auch kurzbelichtete f/4-Fotos, welche meist leichte Probleme mit dem Schärfefeld aufweisen, und langbelichtete f/11 Fotos, die leicht bewegungsunscharf sind, was jeweils vor Ort so nicht erkennbar war.
Wenige Tage zuvor verbesserte sich der Wetterbericht, also führten wir die Planung zu Ende und standen um halb 5 auf, um gegen 5h morgens vor Ort zu sein. Es war mit -8°C recht kalt und fies, vor allem auch für die Ausrüstung, aber umso besser für scharfe Fotos. Wir konnten von beiden Stellen aus fotografieren und dank der langen Totalitätsphase sowie chaotisch-akribischen Vorbereitung waren auch alle Wunschfotos sicher im Kasten. “Glück” benötigt eben doch harte Arbeit, erwiesenermaßen. 🙂
Da Du es bis hierher geschafft hast möchte ich mich nochmal für Dein Interesse bedanken. Ich freue mich auf Deine Kommentare/Fragen, hier oder auf Facebook.
Hier im Anschluß findest Du noch weitere Informationen zur Fotografie des Nachthimmels sowie die ebenfalls sehr gut gelungenen Fotos vom Blutmond in Saarburg 2018.
Denn bereits im letzten Jahr hatten wir schon in Saarburg den Blutmond fotografiert, mit ähnlicher Planung. Damals waren die Bedingungen nicht ganz optimal, da der Abstand zur Burg nicht verlängert werden konnte, aber dennoch gelangen ein paar schöne Fotos mit niedrigen bis mittleren Brennweiten bis in den Telebereich bei etwa 200mm:
Für Mondfinsternisse gelten auch ein paar grundsätzliche Regeln, die man bei (fast) allen nächtlichen Langzeitbelichtungen mit Himmelsobjekten beachten sollte. Dazu gehört die Berücksichtigung der Relativbewegung (bedingt durch die Erdrotation), die abhängig von der Brennweite nur kurze Belichtungszeiten von einem festen Stativ ohne Nachführung erlaubt (Ausnahmen sind z.B. Strichspurfotos, bei denen man sich gezielt diesen Effekt zunutze macht).
Außerdem sollte man manuell fokussieren. Das gelingt am Besten, in dem man einen weitestmöglichen Lichtpunkt (heller Stern, sehr weit entfernte Straßenlaterne …) im Live View vergrößert und manuell am Objektiv die Schärfe einstellt. Danach sollte die Schärfe immer wieder kurz überprüft werden und natürlich die Schärfeeinstellung nicht berührt werden.
Bildrauschen ist immer ein Thema, also sollte man die ISO niedrig halten, und auch den Live-View nach dem manuellen Fokussieren wieder deaktivieren, da sonst die Kamera schneller erhitzt. Um Vibrationen durch Spiegelschlag auszuschließen sollte die Kamera auf eine Spiegelvorauslösung programmiert werden, sonst kann es Verwacklungsspuren geben. Ebenso ist zu empfehlen mindestens 2s Auslöseverzögerung einzustellen und/oder einen Fernauslöser zu verwenden, um Restvibrationen auszuschließen.
Hier erhälst Du alle Fotos zum Download.
Fotos der Mondfinsternisse in Trier am 21.1.2019 und Saarburg am 27.7.2018 von Boris Ruth.
Die Fotos werden von mir als Urheber für nichtkommerzielle Nutzung kostenlos unter der Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 zur Verfügung gestellt mit der Bedingung der Namensnennung (gerne auch mit Link auf diese Seite oder meine Facebookseite). Außerdem kannst Du bei mir direkt auch Fotodrucke bestellen. Ich kann Dir verschiedene Varianten zu fairen Preisen anbieten.
Du stimmst mit dem Download den Lizenzbestimmungen zu!