Seltene Polarlichter über der Region Trier

In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2024 waren in unserer Region nicht nur seltene, sondern auch für unseren Breitengrad relativ starke Polarlichter zu sehen. Ich habe diese an drei Standorten fotografiert: Bei Oberbillig (Im Pieter > Koterter Weg), Wasserliesch (in der Nähe des Weihers) und Trier (auf dem Petrisberg).

Die gestrige Nacht lief ganz typisch ab für eine Polarlicht-Nacht, wie ich es auch von vielen Beobachtungsnächten auf Island kenne:

Zuerst ist ein leichtes Glimmen am bzw. nach Ende der Dämmerung erkennbar. Man hält dies leicht für Wolken und/oder den Lichtschein von Ansiedlungen. Was mir aber direkt auffiel ist, dass dieser leichte Schein im Norden lag. Von Oberbillig aus gesehen gibt es dort wenig Lichtverschmutzung (Eifel). Ferner war dieser klar abgrenzbar vom letzten Dämmerungslicht (West) und der Lichtkuppel von Ost her (Konz, Trier). Hier bietet sich ein Test an: Man nimmt ein halbwegs modernes Mobiltelefon, mit dem man auch aus der Hand eine Langzeitbelichtung anfertigt. Darauf kann man dann gut die typischen Polarlichtfarben erkennen, wenn es sich denn um Polarlicht handelt. Spätestens jetzt wird es Zeit einen dunklen Beobachtungsort aufzusuchen, außerhalb und möglichst nicht südlich von hellen Lichtern.

Bei Oberbillig: Das erste Polarlicht war visuell nur als schwaches, diffuses, graues Glimmen flach über dem Horizont wahrnehmbar, doch bereits mit einer Ausbreitung von Nordwest bis Nordost, und noch teilweise versteckt hinter tieferen Dunstwolken, die von unten angestrahlt wurden. Es war zu dieser Phase schwierig, dies visuell zu differenzieren. Erst die Fotografie offenbarte die grüne Farbe und ermöglicht die eindeutige Identifizierung als Polarlicht. Der Mond (links) ging glücklicherweise gerade unter, denn ein heller, hoch stehender Mond würde dem Polarlicht etwas Kontrast nehmen. Hier war es weiteres, nettes Bilddetail. Das Foto ist eine HDR-Aufnahme (Belichtungsreihe aus drei Fotos), um die verschiedenen Helligkeitsbereiche in einem Bild festzuhalten.

Typisch für den Polarlicht-Gürtel (Island, Lappland, usw.), aber untypisch für unsere Breiten war die weitere Entwicklung nach dem ersten Schimmer: Das Licht nahm langsam an Intensität zu, war spätestens ab Mitternacht sehr deutlich visuell zu erkennen (mit an die Dunkelheit angepassten Augen und an dunklem Standort konnte man auch Farben erkennen). Zwischen ca. 1-2h nachts bildeten sich dann zunehmend Strukturen aus. Wir konnten gestern vor allem Vorhänge erleben. Zeitweise war kurz auch ein angedeutetes Band, das über den Zenit lief, in Teilen erkennbar. Auf einem Foto unten konnte ich sogar eine leichte, sogenannte Koronastruktur festhalten. Hier handelt es sich um Polarlicht, das direkt im Zenit erscheint und sich von dort schnell in alle Richtungen ausbreiten kann. Diese war jedoch leider nicht sehr ausgeprägt und verschwand bald wieder.

Da ich auch schon mehrfach auf Island Polarlichter beobachten konnte, möchte ich Euch gerne ein paar einordnende Informationen weitergeben: Die gestrigen Polarlichter waren außergewöhnlich stark für unsere Region, ich habe in unseren Breiten ein solch gutes Display noch nicht erlebt. In Polarlichtbreiten wäre die gestrige Erscheinung auch schön gewesen, jedoch ist diese noch sehr steigerungsfähig. Dennoch: Gerade die Polarlichter, die nicht zu hell, dafür aber bereits strukturiert sind, geben das beste Fotomotiv ab, und genau solche haben wir gestern kurz erleben dürfen.

Bei Wasserliesch: Im weiteren Verlauf der Nacht traten unerwartet stärkere Polarlichter auf, mache davon waren sogar in südlicher Richtung zu sehen. Die Lichter verändern sich nun schneller und können vielfältig sein. Visuell ist die Farbe erkennbar, jedoch natürlich nicht ansatzweise so deutlich wie auf Fotos. Dieses Foto ist ein aus mehreren Einzelbildern zusammengesetztes Panoramabild.

Wenn Du Polarlichter fotografieren möchtest, empfehle ich Dir unbedingt mit einem Stativ zu arbeiten. Solltest Du keins haben musst Du eine Stelle finden, wo Du die Kamera fest positionieren kannst. Eventuell hast Du einen Bohnensack oder festes Kissen, das Du hierfür nutzen kannst, aber optimal ist das natürlich nicht. Stelle Deine Kamera auf RAW, manuell, und als Start eignet sich ganz grob ca. f/2,8-f/4, ISO 800-1600, 4-8sek. Um einen Bildaufbau schnell zu testen kannst Du auch kurze Belichtungszeiten mit sehr hoher Iso wählen.

Objektiv & Blende: Die Objektivbrennweite liegt idealerweise meist zwischen ca. 20-40mm. Generell empfehle ich ca. eine Blendenstufe abzublenden von der maximalen Offenblende des Objektivs, um die optischen Fehler etwas zu reduzieren.

Belichtungszeit: Du solltest aus zwei Gründen auch nicht zu lange belichten: Einmal werden die Sterne dann zu Strichen, zum anderen ändert sich vor allem das hellere Polarlicht doch recht schnell, und am Himmel erkennbare Strukturen waschen dann auf Fotos wieder aus.

Bei Trier (Petrisberg Aussichtspunkt): Dieses Foto ist etwas Besonderes für mich. Vor vielen Jahren fotografierte ich eine totale Mondfinsternis mit der Mariensäule im Vordergrund (damals vom Moselufer aus). Ich hätte nicht gedacht, dass ich ein paar Jahre später einmal ein Trier-Panorama mit der Mariensäule klein im Hintergrund fotografieren würde, auf dem man Polarlichter erkennen kann. Hier sind noch die etwas diffuseren, schwächeren Strukturen erkennbar, die nach dem helleren Display noch länger nachleuchten, ebenfalls sehr typisch für Polarlichter.

Das bedeutet, dass Du die Detailwerte direkt vor Ort ermitteln und auch immer wieder anpassen musst, da die Lichter sich schnell verändern können. Achte darauf, dass die tiefen/dunklen Bildbereiche nicht abgeschnitten sind (Histogramm). Der Weißabgleich ist nachträglich einstellbar (bei RAW). Je nach Art des Polarlichts, Mondsichtbarkeit, Umgebung, bieten sich hier grob Voreinstellungen zwischen ca. 3500-4500K an.

Schärfe: Spiegellos fokussiert man sehr einfach mit den Fokushilfen im Display. Dort wird sogar digital der Fokus genau angezeigt. Mit Spiegel empfiehlt sich zuerst grob vorzufokussieren, dann einen fernen Lichtpunkt anzuvisieren, diesen dann mit der digitalen Lupe maximal zu vergrößern und die Feineinstellung vorzunehmen. Der AF ist hierfür natürlich deaktiviert, so dass der manuell ermittelte Fokuspunkt erhalten bleibt. Im Laufe der Nacht bitte prüfen/anpasssen, man verstellt leicht mal den Fokus selbst, und Temperaturänderung beeinflusst diesen ebenfalls.

Bildaufbau: Wenn Du alle technischen Hürden gemeistert hast, dann solltest Du Dich mit der Bildkomposition beschäftigen. idealerweise hast Du vorher schon einen geeigneten Ort ausgewählt (dunkel, erhöht, möglichst frei in Richtung N-W bis N-O). Sehr wahrscheinlich wirst Du Richtung Nord fotografieren.

Ich empfehle immer auch den Himmel zu Dokumentationszwecken zu fotografieren, jedoch sind Fotos, bei denen die Landschaft und Objekte mit einbezogen werden natürlich immer schöner. Hier können bereits einzelne Fotos eine schöne Geschichte erzählen. Wenn Du eine zweite Kamera zur Verfügung hast, oder dies vielleicht nicht Dein erstes Polarlicht ist, dann kannst Du auch die Kamera fest positionieren und eine Belichtungsreihe anfertigen, bei der Du ständig Bilder machst. Später kannst Du dies zu einem beeindruckenden Zeitraffer zusammenfügen (rechne mit ca. 25 Bildern für eine Sekunde Zeitrafferfilm).

Bei Wasserliesch: Auf diesem Panoramabild habe ich versucht weite Teile des Vorhangs abzubilden, der gestern Nacht zur Hauptzeit sichtbar war. Sowohl Struktur wie auch Farben waren klar visuell erkennbar, und auch die umliegende Landschaft leuchtete ganz schwach violett, aber natürlich längst nicht so deutlich/stark wie auf dem Foto zu sehen. Unser Auge nimmt Farbe in Dunkelheit aufgrund der Rezeptorstrukturen nicht so gut wahr (“Nachts sind alle Katzen grau”). Erst eine Kamera bringt die ganze Farbenpracht zutage.

Um den Vordergrund gut sichtbar und passend mit einzubauen empfehle ich Dir eine Belichtungsreihe. Hierfür machst Du ein Foto mit den Einstellungen passend für das Polarlicht selbst, und dann noch ein weiteres Foto, welches deutlich unter- oder überbelichtet ist. Unterbelichtung bietet sich an, wenn zB hellere Lichter einer Stadt im Vordergrund liegen, Überbelichtung ist sinnvoll bei dunkleren Strukturen auf dem Land, die nur wenig bis nicht beleuchtet sind. Ggf. musst Du auch drei Fotos anfertigen für eine optimale Bildausleuchtung. Viele leuchten hier mit Taschen- oder Handylampen den Vordergrund aus. Ich würde Dir jedoch eher davon abraten, es sei denn Du hast damit viel Erfahrung, d.h. Du kannst diese Lampe genau auf die Ziel-Farbtemperatur einstellen und die Ausleuchtung gut live anpassen. Denn meist werden solche Lichter punktuell zu hell oder dunkel sein im Bild, und allzu oft bringen sie einen unerwünschten Farbstich ins Bild.

Wenn Du RAW fotografierst (wozu ich Dir sehr rate), dann hast Du nun die Möglichkeit die Fotos noch digital zu entwickeln. Ich selbst arbeite hier eher über hell/dunkel-Anpassungen und verschiedene Kontraste, um Strukturen besser hervorzuholen, anstatt stärkere Farbbearbeitungen. Ich passe Sättigung und Dynamik nur wenig bis gar nicht an und bemühe mich immer einen passenden Farbtemperaturpunkt zu finden, der dem Seherlebnis grob entsprach. Ja, genau, das bedeutet auch, dass die Fotos hier kaum in der Farbe nachbearbeitet sind.

Wie Du Polarlichter beobachten kannst erfährst Du zB hier: https://www.meteoros.de/themen/polarlicht/vorhersage/polarlicht-beobachten

Ein weiterer, persönlicher Tipp an dieser Stelle: Schaut man aus dem Fenster / Wohngebiet und identifiziert ein schwaches Polarlicht solltest Du nicht denken, dass es das schon gewesen sei. Von einem dunklen Ort mit an die Dunkelheit angepassten Augen ist das Polarlicht viel deutlicher sichtbar. Außerdem besteht dann die Chance, dass sich stärkere Polarlichter entwickeln, die man dann auch im Verlauf und direkt beobachten kann, genau so wie es gestern geschah. Und diese Erscheinung ist hier so selten, dass sich eine Beobachtung eigentlich immer lohnt, insbesondere wenn dann auch noch das Wetter mitspielt.

Zu Entstehung, Klassifizierung und viele weiterführende Informationen hilft u.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Polarlicht weiter.


Hier meine komplette “Polarlichter in unserer Region” – Galerie (wird weiter aktualisiert bei weiteren Sichtungen…):

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